„jung und wild“

Neofiguration der Gruppen CoBrA, SPUR, WIR, GEFLECHT und Kollektiv Herzogstraße im Nordflügel

Im Anschluss an das gegenstandslose Informel zeigt der Nordflügel die neofigurativen „jungen wilden“. Etwa die SPUR-Mitglieder Helmut Sturm, Heimrad Prem, Lothar Fischer oder HP Zimmer wandten sich auch künstlerisch gegen das Informel und die abstrakte Malerei, die das erste SPUR-Manifest provokativ einen „hundertfach abgelutschten Kaugummi“ nennt.

Diese Künstler stehen zudem für die Emanzipationsbewegungen der späten 1950er Jahre und das gesellschaftskritische Aufbegehren gegen die Adenauer-Ära. SPUR, 1958 in München gegründet, vertrat eine figurativexpressive Kunstrichtung und opponierte mit aggressiven sowie ironischen Bildern im Stile der Art Brut. SPUR suchte auch die Begegnung mit Gleichgesinnten im internationalen Kontext. Ihr stark farbener Malgestus war dabei direkt etwa von der multinationalen Gruppe CoBrA geprägt, die beispielsweise Lucebert in der Sammlung vertritt.

Mit Helmut Rieger und Heino Naujoks gründete Florian Köhler die Gruppe WIR, aus deren Zusammenschluss mit SPUR sich die Gruppe GEFLECHT (1965-68) formierte. Diesen kreativen Verbund bezeichnet Selima Niggl als „Fundament der mittlerweile international beachteten Münchner Gruppengenealogie“. 1967 bezog die Gruppe das Atelier GEFLECHT-Keller in der Münchener Herzogstraße. Ein Ort gesellschaftspolitischer Debatten und ab 1968 auch Ausstellungsraum. Ihr Erbe wurde ab 1975 im Kollektiv Herzogstraße fortgeführt.

In diesem Umfeld agierte auch der tief in die Glasmacherkunst des bayerischen Waldes verwurzelte Erwin Eisch, ein ursprüngliches Gründungsmitglied von SPUR und (zusammen mit seiner Frau Gretl und Max Strack) Radama. Von starken Heimatbezügen ausgehend entwickelte er einen eigenständigen Stil als Glaskünstler und stand seit den 1960er Jahren in engem Kontakt zur amerikanischen Studioglas-Bewegung. Derartige wichtige Individualpositionen ergänzen die Präsentation der Gruppen und ihrer Dynamiken im Nordflügel.

In einem eigenen Kabinett präsentiert die Kunsthalle zudem die hochkarätige verwandte Schenkung der Münchner Galerie van de Loo mit Werken von Franz Hitzler, Helmut Rieger, Dietrich Bartscht, oder H.M. Bachmayer.